19. Jahrhundert

Das Turmgebäude 1941.
Das Turmgebäude 1941.

Das neue Jahrhundert begann mit einer weiteren architektonischen Veränderung des Straupitzer Gutsareals. Auf dem langen Komplex der alten Stallanlagen und Scheunen wurde 1805 ein sehr markanter Bau erschaffen, das Turmgebäude. Der Turm besaß eine Glockenuhr und eine Aussichtsplattform. Im Gebäude waren Wohnungen, Amtsstuben sowie Stallungen, Wirtschaftsräume und eine Bodendarre untergebracht. Bis 1945 befand sich hier außerdem das Herrschaftsarchiv.

Rückkehrende franz. Soldaten 1812.
Rückkehrende franz. Soldaten 1812.

Europa wurde zum Anfang des 19. Jahrhunderts durch die Feldzüge Napoleon Bonapartes in eine neue Ordnung versetzt. Im Oktober 1806 traf es die preußisch-sächsische Armeeabteilung bei Jena und Auerstedt vernichtend. Während sich die zersprengte preußische Armee zurückzog, der König floh und Berlin aufgeben musste, setzte für Sachsen Karl Graf von Bose im Dezember 1806 zu Posen sein Signum unter einen Friedensvertrag mit Frankreich. Napoleon belohnte Kursachsen mit dem Aufstieg zum Königreich und Kurfürst Friedrich August III. wurde König von Sachsen und Verbündeter der Franzosen.

Die Herrschaft Straupitz gehörte nun zu einem Königreich, weshalb es vermutlich keine schlechten Nachrichten von rigorosen Einquartierungen französischer Soldaten gibt, welche sich nicht immer vornehm gegenüber ihren Gastgebern verhielten.

 

Der Plan, Russland zu bezwingen, endete für Napoleon 1812 in einem militärischen Desaster größten Ausmaßes. Unter dem Leid seiner Soldaten und hunderttausender Toter zog sich die Grande Armee geschlagen aus dem Riesenreich zurück. Im Winter 1812/13 erreichten auch Straupitz die ersten zurückkehrenden Franzosen. Sie sollen in einem furchtbaren Zustande gewesen sein. Aus Hilfsbereitschaft und Mitgefühl wurden sie von den Straupitzern aufgenommen und bekamen für einige Tage Quartier in Dapkes Scheune. Diese befand sich in dem kleinen Obstgarten an der Pfarrgasse. Da die Bevölkerung nichts anderes zur Verfügung hatte, fertigte man ihnen wärmende Umhänge aus Bettbezügen und Laken.

Im Jahre 1813 rückten dann die russischen Verfolger nach. Einen schmerzlichen Zwischenfall gab es im Nachbardorf Neuzauche, wo ein Trupp Kosaken unter Einsatz von Kolben und Säbel Nahrung und Quartier abverlangte. Die Gütigkeit der Menschen kannte aber auch Grenzen. Als einige Leute durch diesen Trupp zu Schaden kamen, wurde er mit Rudeln, Forken und Sensen bis hinter Mochow vertrieben danach kehrte Ruhe ein. In Straupitz machte der Büdner Smolka mit den Kosaken Bekanntschaft. Auf dem Eise des Teerofensees soll eine Abteilung der Ostreiter eingebrochen und ertrunken sein. Auch künden der Kosakenweg bei Byhlen und der Kosakenberg in der Straupitzer Seekurve von manchem Ereignis in dieser Zeit.

 

Zu einem wahren Glücksfall kam es im Dezember 1812, als der Standesherr Karl Heinrich Ferdinand von Houwald Herrn Carl Christian Schmalfuß (17641833) aus Altdöbern auf die Gutsinspektorenstelle in Straupitz verpflichten konnte. Schmalfuß`21-jährige, fleißige Arbeit sollte den Ort in wunderbarer und fortschrittlicher Weise verändern!

Aufgrund des Aachener Kongresses 1818 verließen die über Napoleon I. siegreichen Alliierten das besetzte Frankreich und marschierten in ihre Heimatländer. Auf ihrem Wege nach Russland kamen ab 1819 die Truppen des Zaren durch unsere Heimat und wurden durch die Herrschaft Straupitz mit Verpflegung, Fourage und Transport unterstützt.

Ein erstes privates Wohnhaus, welches komplett in Ziegelbauweise entstand, wurde 1823 am Friedhofsweg errichtet. Vorher baute man im Ort in Balken- und Schwellenkonstruktion, bzw. in ausgesteinten oder ausgelehmten Fachwerk. Eine Ausnahme bildet das Schlossareal.

 

Das Wohnhaus am Friedhofsweg in den 1920er Jahren.
Das Wohnhaus am Friedhofsweg in den 1920er Jahren.

 

Nach Einstellung der Arbeiten in der Straupitzer Pottaschesiederei, die Zusätze zur Glasherstellung fertigte, schenkte der Standesherr Karl Heinrich Ferdinand von Houwald das Gebäude 1825 der Gemeinde und ließ es zur 2. Schule umbauen.

 

Die Schinkelkirche um 1910.
Die Schinkelkirche um 1910.

Zu einem der größten Ereignisse wurde der Neubau der Straupitzer Kirche in den Jahren 18281832. Diese wurde nach den Entwürfen und Plänen des Geheimen Oberbaurathes Karl Friedrich Schinkel (17811841) geschaffen. Kurz vor der Weihe des Gotteshauses starb der Standesherr Karl Heinrich Ferdinand von Houwald, und das schöne Gebäude wurde am 5. August 1832 von seinem Sohn und neuem Besitzer der Herrschaft, Heinrich Wilibald (18071884) eingeweiht.

 

Große Bewunderung rief auch der Besuch des Prinzen Wilhelm (17971888) in Straupitz und Umgebung hervor, der am 22. Juni des Jahres 1834 im Ort weilte und auf dem Schloss zu Gast war. Später krönte man ihn zum preußischen König und 1871 zum Kaiser Wilhelm I.

 

Aus Anlass der Huldigung König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen wurde Heinrich Wilibald von Houwald am 15. Oktober 1840 nach dem Rechte der Erstgeburt in den preußischen Grafenstand erhoben.

 

Straupitz vom Weinberg 1854, Copie v. Walter Mak, 1942.
Straupitz vom Weinberg 1854, Copie v. Walter Mak, 1942.

 

Zu den weiteren besonderen Ereignissen des 19. Jahrhunderts gehörten:

 

  • Der sogenannte „Obere Krug“, bzw. "Die Schenke" wurde um 1845 durch ein neues, herrschaftliches Gasthaus ersetzt, Voigt'scher Hof, später "Zur Linde".
  • Windmüller Gottfried Nitschke errichtete nach dem Brand des hölzernen Windbocks 1850 am Laasower Weg eine neue, komplett aus Ziegelsteinen bestehende Holländerwindmühle.
  • Der Straupitzer Männer-Gesang-Verein fand sich 1866 zusammen und ist damit der älteste Verein des Ortes. Der erste Leiter war Kantor Hanschke. Oft stellte sich der Verein in den Dienst der Wohltätigkeit. Die Weihe seiner Fahne, welche von Ernst Otto Graf von Houwald gestiftet wurde, erfolgte am 14. Juni 1891.
  • Im Januar 1868 gründet Gräfin Florentine von Houwald den Christlichen Patriotischen Frauenverein Straupitz. 1870/71 richtet der Verein im Schloss ein Lazarett ein und betreut Verwundete.
  • Zum 13. Januar 1877 gründete sich der Kriegerverein-Straupitz, welcher im November 1878 seine von Herrn Heinrich Wilibald Graf von Houwald gestiftete Fahne weihte.
  • Versteckt in den Wäldern der östlichen Straupitzer Herrschaft stellte die Holzteersiederei um 1875 am Teerofensee ihre Arbeit ein. Die kleine Ansiedlung mit den Gehöften und Gärten diente anschließend als Waldwärterunterkunft.
  • Auf dem Gelände des „Unteren Kruges“ (heute Parkplatz Einkaufsmarkt) errichtete die Standesherrschaft ein großes Gasthaus und eröffnete dieses mit dem ersten Gastwirt Herrn Mattern am 1. Oktober 1877. Ein moderner Saalanbau folgte 1894.
  • Nachdem 1880 die Präparanden-Anstalt errichtet und zusammen mit der Herrschaft und den Schulkindern feierlich eingeweiht wurde, riss man die ehemalige 1. Schule aus dem 17. Jahrundert weg.
  • Der große Arzt und Archäologe Rudolf Virchow (18251902) weilte zu den Pfingstfeiertagen 1880 im Spreewald. Hierbei besuchte er im Rahmen seiner wissenschaftlich-archäologischen Forschungen auch Straupitz und Mühlenmeister Helm auf der Buschmühle und machte sich ein Bild von den Geländeverhältnissen am Kobloe-See.
  • Im Mai des Jahres 1881 zogen im Ort moderne Zeiten ein und Straupitz bekam seinen ersten Telephonapparat. Dieser wurde höchstwahrscheinlich in der Postagentur bei Schuhmacher Lukas installiert.
  • 1893 gründet sich der Männerturnverein Straupitz D.T.
  • Der Grundstein für die Lübben-Cottbuser-Kreisbahnen (Spreewaldbahn) wird 1897 am künftigen Bahnhof Straupitz gelegt, die ersten Züge verkehren im Mai 1898.
  • Am 6. Mai 1898 gründet sich die Freiwillige Turnerfeuerwehr Straupitz.
  • Die Molkerei wird 1899 durch einen Herrn Winziger an der Butzener Straße errichtet. Ab den 1930er Jahren wird daraus die Molkereigenossenschaft Straupitz.
Gründungsphoto Mai 1898. An der Durchfahrt Turmgebäude (phot. E.O.v. Houwald).
Gründungsphoto Mai 1898. An der Durchfahrt Turmgebäude (phot. E.O.v. Houwald).

Der 6. Mai des Jahres 1898 ist als Geburtstag der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr anzusehen. Der damalige Standesherr, Ernst Otto Graf von Houwald, hatte schon seit mehreren Jahren angestrebt, eine Freiwillige Feuerwehr zu gründen. Es wurde viel verhandelt, aber nichts kam zustande. Im Winter 1897/98 schenkte Herr Kantor Klinkott den Überschuss eines Konzertes von 15 Mark zur Errichtung einer Freiwilligen Feuerwehr, dies war der erste Grundstock, den der damalige Gemeindevorsteher Schmidt auf ein Sparkassenbuch anlegte. Turnwart Theodor Duschka und Tischlermeister Gustav Jurk veranstalteten eine Theateraufführung und brachten weitere 120, 25 Mark auf. Am 25. März 1898 stellte Turnwart Duschka den Antrag, der Turnverein sollte gleichzeitig einen Feuerwehrverein bilden. Nach vielen „Für“ und „Gegen“ wurde am 6. Mai 1898 die Wehr als: „Freiwillige Turnerfeuerwehr Straupitz“ gegründet. Zum ersten Oberführer wurde Theodor Duschka gewählt. Bei der Gründung der Wehr unterstützte Herr Ernst Otto Graf von Houwald die neue Vereinigung nochmals durch einen namhaften Geldbetrag. Ebenso stellte er die Schlossspritze [1758] und eine im Dorfspritzenhaus [Schergarten] untergebrachte herrschaftl. Gemeindespritze [1784] zur Vefügung. (Chronik F. Weiche 1931.)

Gürtelschließe des Männerturnvereins mit dem Jahn'schen Wahlspruch:"Frisch-Fromm-Fröhlich-Frei".
Gürtelschließe des Männerturnvereins mit dem Jahn'schen Wahlspruch:"Frisch-Fromm-Fröhlich-Frei".

Raband & Urspruch

Ortschronisten und Heimatforscher