Der alte Krollig

Die 177-jährige Krollig-Eiche, 2014.
Die 177-jährige Krollig-Eiche, 2014.

Johann Martin Krollig war Förster beim Grafen von Houwald. Im Jahre 1802 geboren, 1889 gestorben, stand er 50 Jahre im Dienste des gräflichen Forstamtes. Nun können wir uns heute das Umfeld von Kockainz, wie es zu dieser Zeit bestand, kaum vorstellen. Stellenweise dichter urwaldähnlicher Laubwald, dazwischen Wiesen und kleine Äcker. Kein Straßennetz, nur Fließe und Kanäle, wie im Spreewald üblich. In den Wäldern ein guter Wildbestand, der auch viele Wilderer anlockte.

 

Mit Leib und Seele seinem Beruf verschrieben, war der Förster Krollig stets in seinem Revier. Seine grüne Forstuniform mit der hohen Dienstmütze und dem Wappen derer von Houwald zu Straupitz machte ihn zu einer imposanten Erscheinung. Seine Jagdhunde waren ihm unentbehrliche Helfer. Wenn er Wilddiebe verfolgte, waren die Hunde so abgerichtet, dass sie den Wilderer in den Engpass bei Straupitz jagten dort wurde er gestellt. Auch die Rettung seines Lebens verdankte er den Hunden. Im Januar 1837, zu später Abendstunde, wurde er in der Nähe seines Jagdhauses von einem wütenden Damhirsch angefallen. Seine Hunde verteidigten ihn mit ganzer Kraft; der große Wolfshund wurde dabei von dem Hirsch tödlich verletzt. In Dankbarkeit, dass ihm die Hunde das Leben retteten, pflanzte Krollig im Frühjahr 1837 neben dem Jagdhaus eine Eiche. Diese knorrige Eiche mit weitausladenden Ästen steht noch heute an ihrem Platz. Als den Förster auf dem Byhleguhrer Friedhof schon kühle Erde bedeckte, ließ sein Dienstherr, Ernst Otto Graf von Houwald (18441903) an dieser Eiche eine Tafel anbringen:

 

„Zum ehrenden Andenken an den Förster Herrn Johann Martin Krollig, welcher im Jahre 1837 diese Eiche pflanzte und hier im Forsthaus Kockainz nach 50jähriger treuer Dienstzeit im Alter von 88 Jahren gestorben und auf dem Friedhof in Byhleguhre begraben ist.“

gez. Ernst, Graf von Houwald

Straupitz 1889

 

Leider ist diese Tafel heute nicht mehr vorhanden.

 

Neben seinem Försterberuf übte Krollig eine Tätigkeit aus, welche ihn in den Ruf eines Wunderheilers versetzte. Die kranken Menschen kamen aus Hamburg, München, Bremen, Breslau, Berlin, Dresden, Köln und vielen anderen kleineren Städten und Dörfern. Arme und Reiche erbaten seine Kunst, sie von einer Krankheit zu heilen. Diese Leute reisten zuerst mit der Postkutsche bis nach Lübben, ab 1867 auch mit der Eisenbahn. Von Lübben wurden die Kranken dann über die Fließe mit dem Spreewaldkahn bis nach Kockainz gebracht. Förster Krollig heilte diese Leute mit Wald- und Wiesenkräutern, insbesondere mit einer starken Suggestivkraft (Ver- oder Besprechen). Eine alte Wendin hatte ihm einst altslawische Heilformeln überliefert, die er mit ins Grab nahm. Er besaß eine beachtliche Bibliothek, welche Werke über Astrologie, Medizin und Latein umfasste.

 

Der berühmte Berliner Arzt Ernst Ludwig Heim besuchte Krollig 1832 in seinem Jagdhaus. Es wird berichtet, dass es bei diesem Besuch zwischen den beiden ein Gespräch gab, bei dem Dr. Heim den Förster Krollig mit „Herr Kollege“ ansprach. Weder dieser Besuch des Berliner Arztes, noch seine Heilerfolge stiegen ihm zu Kopfe. Zuverlässig und mit Erfolg behandelte er die Kranken, in seiner Bescheidenheit verlangte er kein Honorar. Doch in seinem Zimmer stand eine Truhe, die in ihrem Deckel einen Schlitz hatte, ähnlich einer Sparbüchse. Die Menschen, welche die Strapazen der weiten Reise auf sich genommen hatten, zeigten sich voller Dankbarkeit, insbesondere wenn sie von ihrer Krankheit geheilt waren. So mancher Thaler, Gulden oder Silbergroschen wanderte in die Truhe.

Gelegentlich überkam den Wunderdoktor auch einmal das Verlangen, seine Truhe zu inspizieren. Dann löschte er seinen Durst, aber nicht mit Spreewasser… Alle Fährleute wussten, wenn Krollig in seinem Hause brüllte, dass die Scheiben klirrten, er mit der Flinte in die Luft ballerte, da blieben alle in respektvoller Entfernung zum Kockainz. Sein Nachbar holte dann seinen Schwager, den Färbermeister Repperg aus Straupitz, denn dieser allein verstand es, ihn zu besänftigen und die noch unverbrauchten „scharfen Sachen“ sicher zu stellen. Hatte Krollig am nächsten Tage seinen Kater auskuriert, war er wieder der respektvolle Förster und Wunderheiler aus dem Spreewald.

 

Inschrift der Grabtafel auf dem Byhleguhrer Friedhof

 

Hier ruht in Gott:

der gräfliche Förster Johann Martin Krollig,

geboren am 19. Jan. 1802,

gestorben am 10. Nov. 1889.

Hiob 19, Vers 25.

"Ich weiss, dass mein Erlöser lebet!"

 

 

Die Zeit ist dahingeeilt, sein Grab heute nicht mehr auffindbar. Die alte Silbertanne, die dort stand, ist nicht mehr vorhanden. Nur die Eiche, ein respektabler Riese, erinnert noch an die Ereignisse, wo der Hund dem Förster das Leben rettete.

 

Helmut Klinke (1930-1998)

Eigenwillig-charakterstarke Unterschrift Krolligs 1850.
Eigenwillig-charakterstarke Unterschrift Krolligs 1850.
Das alte Vorwerk von Süden, 2010.
Das alte Vorwerk von Süden, 2010.

Durch einen heimatgeschichtlichen Hinweis ergaben sich weitere Fakten; das „Forsthaus Kockainz“ ist etwa zwischen den Jahren 1815-1832 erbaut, vorher existierte es nur als Vorwerk. Im ausgehenden 19. /Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das in schwellenbauweise errichtete Gebäude dann ein Ziegelbau.

Der herrschaftliche Förster J. M. Krollig lebte dort 1846 mit seinem Eheweibe Elisabeth, der Schwiegermutter und Witwe Anna Guhrenz und einer Magd, namens Getta Hartwich. Zehn andere Menschen bewohnten das Vorwerk.


Raband & Urspruch

Ortschronisten und Heimatforscher