1848!

 

Die turbulente Zeit der deutschen Revolution von 1848/49 machte auch vor unserem Lübbener Kreise nicht Halt und erreichte sogar Straupitz.

 

Verhandlungen von Abgeordneten der Nationalversammlung unter Vorsitz des Dr. Kämpf über das weitere Schicksal der Volksschulen, waren Anlass, das im „Lübbener Kreis- und Intelligenzblatt“ ein „Offener Brief“ den anderen jagte. Die Volksschule sollte eine von der Kirche unabhängige, staatliche Anstalt werden, in der der konfessionelle Religionsunterricht der Kirche, der allgemeine Religionsunterricht aber den Lehrern verbleiben sollte.

 

So begannen die Auseinandersetzungen zwischen der Kirche und den „Demokratischen Vereinen“. Auch in Straupitz hatte sich ein solcher Verein gegründet. Der Leiter war ein Dr. Klopsch und man zählte in unserem Ort etwa 70 Mitglieder, meistens Gewerbetreibende und Landwirte.

 

Am 5. September 1848 wurde in Byhleguhre die Verbrüderung des Straupitzer mit dem Burger „Demokratischen Verein“ in einer öffentlichen Versammlung vollzogen. Allerdings gab es Tumult und einige Redner konnten sich ihrer Vorträge nicht entledigen, da die Kritik von Pastor Fuchs aus Straupitz und dessen Verweisung von der Tribüne unter den Gemeindemitgliedern nicht geringe Aufregung auslöste. Am 10. September fand eine Fortsetzung der Zusammenkunft auf dem Hofe von Dr. Klopsch in Straupitz Nr. 146 statt (ehem. Grundstück Maler Heinrich/Dorfmitte).

 

Grundstück Straupitz Nr. 146. Zustand 1988.
Grundstück Straupitz Nr. 146. Zustand 1988.

 

Dort hielt auch ein in unserer Gegend hausierender Handelsmann, namens Aaron Pulvermacher eine Rede über die Trennung von Kirche und Schule.

Pastor Fuchs und Dr. Klopsch griffen sich im „Lübbener Kreis- und Intelligenzblatt“ schließlich derart persönlich an, dass die Redaktion weitere Veröffentlichungen ablehnte.

 

Es kam soweit, dass von Lübben eine Militärabteilung nach Straupitz entsandt wurde, um Dr. Klopsch zu verhaften. Die Absicht über dieses Vorhaben drang aber bis in unseren Ort vor und die Mitglieder des Vereins beschlossen, den Doktor davor zu bewahren.

 

Mit Büchsen bewaffnet lagen sie in der Bocksdornhecke, die das Grundstück umgab. Die Zeit verstrich und das Schützenaufgebot wurde dünner und dünner. Als die Lübbener Uniformierten mit einem vergitterten Wagen an der Straße hielten, stand Dr. Klopsch allein auf seinem Hof. Er wurde dann nach Lübben gefahren und man hat in Straupitz nichts mehr über ihn erfahren.

 

Überliefert durch Lehrer H. Kasprick (1956)

 

Signum des Doktors, September 1848.
Signum des Doktors, September 1848.

 

Bei Volker Klemm, Das Revolutionsjahr 1848 im preußischen Regierungsbezirk Frankfurt an der Oder, Weimar 1998, finden wir noch folgende hochinteressante Information zum Straupitzer geschehen, welche die Brisanz dieses Vorfalles sehr verdeutlicht.

 

... 29. November 1848

Der Vorsitzende des demokratischen Zentralvereins der Niederlausitz, der Straupitzer Arzt Dr. Klopsch, wird von einer militärischen Übermacht von 30 Gardeschützen und 10 Husaren morgens sechs Uhr festgenommen und von der ganzen Streitmacht eskortiert in das Lübbener Gefängnis abtransportiert. Als die Einwohnerschaft von Straupitz protestiert, verlegt der Lübbener Garnisonskommandeur weitere 30 Soldaten und eine Schwadron Husaren in das
Nachbardorf Neu Zauche. Eine militärische bewaffnete Expedition zur Befreiung Dr. Klopschs in Stärke von 20-30 bewaffneten Zivilisten aus Vetschau wird zwar begonnen,
aber wegen der Lübbener Übermacht abgebrochen. Der Demokrat Dr. Klopsch wird am 28. Februar 1849 wegen Majestätsbeleidigung zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. ...

 

Weitere Recherchen 2014 ergaben, dass dem Doktor wohl kein großes Übel angetan wurde. Im "Centralblatt der Niederlausitz" Numero 30 vom 4. April 1849 annonciert er:

 

Nach dem Verkauf meines Eigenthums in Straupitz habe ich mich in Vetschau als Arzt niedergelassen und bitte um gütiges Vertrauen.

Vetschau, 1. April 1849 

        Dr. Klopsch

 

In der "Medicinischen Zeitung" Numero 42 vom 20. Oktober 1852 finden wir einen weiteren Hinweis, als Dr. Klopsch, nunmehr in Lübben als Arzt und Wundarzt praktizierend, seine Niederlassung nach Guben verlegt.

Raband & Urspruch

Ortschronisten und Heimatforscher